1. Stadtgedichte
Die Stadt – Georg Heym
Form: 5-hebiger Jambus, Sonett, abba/abba/aaa/bbb
Die Szenerie wird zunächst als eine dunkle, bewölkte Mondnacht eingeleitet (Z. 1f) und mit rot beleuchteten Häuserfenstern (Z. 3f). Stilistisch sind Vers 1 und 2 über ein Enjambement2 auseinander gerissen, denn beide Verse gehören eigentlich zusammen. Was noch auffällt sind die Personifizierungen der Häuserfenster (Z. 3f) und die Wahl von positiven Adjektiven; die Wortwahl wirkt geradezu verniedlichend.
Die zweite Strophe beschreibt den Stadtverkehr, er wird sehr lebhaft und verflochten als „Aderwerk” beschrieben (Z. 5), als auch das pulsartige Treiben der Menschen. Die Verse 7 und 8 des letzten Quartetts bilden eine Brücke zu dem inhaltlich zweiten Teil des Sonetts, die sehr vitalen positiven Beschreibungen weichen und der Ich-Sprecher nimmt das stumpfe Geräusch der Stadt wahr, welches vom „stumpfen Sein” - vom möglicherweise monotonen, langweiligen Leben in der Stadt - herrührt.
Wie in Sonetten häufig üblich, stehen auch hier die nachfolgenden Terzette ganz im Kontrast zu den vorangegangenen Quartetten. Es kommen erst einige Antithesen3, bei denen Gebären und Tod gegenüber gestellt werden und dem Sprecher nur als „gewirktes Einerlei” erscheinen. Trotz dieser völligen Gegenüberstellung von Kontrasten, nämlich von zwei unterschiedlichen Lebensabschnitte, bei dem der eine lebenseinleitend und der andere lebensbeendend ist, nur das lyrische Ich nur ein diffuses Ganzes wahrnehmen und ist außer stande, beides voneinander zu differenzieren. Im nächsten Vers folgt dann ein Parallelismus, welcher eine ebensolche Antithese enthält: „Lallen der Wehen” und „Langer Sterbeschrei”. Der Sprecher könnte sich in einer Lethargie oder Verdrießlichkeit zu befinden, dieser „blinde Wechsel” von Gegensätzlichkeiten geht am Sprecher teilnahmslos und „dumpf” vorbei (Z. 11). Heym verdeutlich in dieser Strophe die Kurzlebigkeit und Bewegung in der Stadt, in dessen Tempo das lyrische Ich nicht mehr mitkommt. Diese Strophe könnte jedoch auch eine Kritik an der Großstadt-Anonymität darstellen, da der Sprecher kein Interesse an den Einzelschicksalen seiner Mitmenschen zeigt (selbst bei solchen wichtigen Einschnitten in der Vita eines jeden Menschens wie Tod und Geburt) und wegen der Masse an Menschen auch gar nicht zeigen kann.
Die letzte Strophe beschreibt ein Bild der Bedrohung. Feuer, Fackeln und Brand sind von der Ferne aus sichtbar und gefährden die Existenz Stadt. Der stark aufsteigende schwarze Rauch und in dem sich reflektierende Feuerschein unterstreichen die Bedrohung (Z. 14). Es handelt sich wahrscheinlich um einen Waldbrand.
Das lyrische Ich bleibt im Hintergrund. Über ihn/sie wird nur über die auffällig expressive Sprache wie dem Substantiv „Aderwerk” was über das Gefühlsleben bekannt. Augenscheinlich wird die Stadt als sehr lebendig und besinnlich geschildert, weiter in das Leben der Menschen hineindringend wird ein Gefühl von Eintönigkeit und Dumpfsinn, vielleicht auch Einsamkeit und Anonymität vermittelt. Auffallend ist, dass der Beobachter die Stadt mit einem menschlichen Körper vergleicht. Sie ist in den beiden Quartetten ein pulsierender Körper mit „blinzelnden Lidern”. Auf die beiden Terzetten zugehend wird ihr „Sein” jedoch „stumpf” und der Körper ist hin- und hergerissen zwischen Leben und Tod.
Es ist zu vermuten, dass der Sprecher wenigstens seit einiger Zeit in der Stadt lebt, so dass man der Person Unzufriedenheit mit seinem Alltagsleben in der Stadt unterstellen könnte. Es ist auch nicht bekannt, bzw. es gibt keine Anhaltspunkte, welche oder ob überhaupt eine bestimmte Stadt gemeint ist.
Sehr typisch für den Expressionismus greift dieses Gedicht von Heym das Motiv der Naturkatastrophe und des Weltuntergangs im biblischen Stil auf; das existenzbedrohende Feuer stellt nämlich in der Bibel eine Art apokalyptischer Vorbote dar. Darüber hinaus ist ebenso das Thema Großstadt ein beliebtes Thema zeitgenössischer Expressionisten. Insgesamt ist die Sprache sehr metaphorisch (Z. B. Z. 3ff und Z. 14) und gefühlsbetont. Dem Leser werden nicht nur optische, sondern auch akustische Schilderungen gegeben. Die Form und der Reim sind streng, das Gedicht wird in die Form eines festen Schemas „gepresst” und steht im Kontrast oder wird gerade zur Verstärkung zum häufig wechselhaften Inhalt expressionistischer Lyrik verwendet.
Zusätzlich können wir die für den Expressionismus typischen Farben schwarz (Z. 1: „Nacht”) und rot (Z. 4: „blinzeln mit den Lidern rot und klein”, Z. 5: „Aderwerk”, Z. 12: „Feuer, Fackeln rot und Brand”) entdecken, genauso wie häufig in expressionistischen Werken auftauchende Stilmittel wie Personifikationen5 (Z. 3ff), Metaphern (Z. 5f, Z. 14) und Verfremdungen (Z. 1: „Sehr weit ist diese Nacht”, Z. 8: „Eintönig kommt heraus in Stille matt”).
Abschließend können wir feststellen, dass an diesem Gedicht typische Großstadtkritik der Expressionisten deutlich wird.
http://lyrik.antikoerperchen.de/georg-heym-die-stadt,textbearbeitung,25.html
Die Zeit fährt Auto – Erich Kästner
Form: 5-hebiger Jambus; Reim: abaab; dreimal 5 Verse, 3 Strophen;
Kritik am Kapitalismus als Folge der Industrialisierung; Machtlosigkeit des Individuums angesichts der wenig sozialen Ausrichtung der Gesellschaft; Kernstellen der Spracheverwendung: Anaphern (5,10,15 und 1,6,11);
Stadtaffe - Peter Fox
5-strophiger Songtext, 5. Strophe als Refrain, oft unreine Reime;
umgangssprachlicher Duktus, popkulturell unterfüttert; Tiermetaphorik als tragender Bestandteil; Individuum geht auf in eine hedonistische Masse
2. Gedichte über die Liebe(snacht)
Chamisso - Morgentau
3 mal 5 Verse, kreuzreim, daktylischer Grundrhythmus
nostalgische Grundhaltung zur verbrachten Liebesnacht, rückwärtsgewandte Sehnsucht, Nacht als Phase der Glückseligkeit als Antithese zur Realität des Alltages
Karen Kiwus – Im ersten Licht
Form: drei Strophen (6-6-9), reimlos, freier Rhythmus, prosaischer Tonfall – passend zum Inhalt eines Anti-Liebesgedichtes;
anaphorische Einleitung aller Strophen, 3. Strophe bringt Wendung von vorher romantisierendem Ton hin zur kalten und zynischen Beschreibung des offensichtlichen Endes der Leidenschaft, (mehrmalige Widerholung des „ausgeleierten“ Arsches)
Fazit am Schluss ;
Musikmetaphorik (Toccata, verstimmt)
vielleicht überraschend: lyrisches Ich eine Frau – Rollenwechsel des Objekthabitus’ Mann-Frau
„Im ersten Licht“ – bei genauerer Betrachtung (Tageslicht/Realität) besitzt Beziehung keine Zukunft mehr